Im Hauptseminar wurden Ausschnitte eines Films gezeigt, der verschiedene Gedankenanregungen geben sollte und andere gegeben hat. Die Ausschnitte befassten sich mit Lehrerrollen und Reaktionen der Schüler in verschiedenen Problemgebieten. Zuerst zu dem, was überdacht werden sollte:
- Aufgabe: Notieren Sie Fragen, die Sie anschließend Ihrem Nachbarn stellen.
- Aufgabe: Welche Anregungen übernehmen Sie für Ihre eigene Praxis.
Nun zu dem, was außerdem gedanklich angeregt wurde:
Der Film zeigt wieder einmal eine Psychologisierung der Lehrerrolle, anstatt anzuerkennen, dass der Lehrer eine Vobildfunktion ausübt und diese die Schüler natürlich maßgeblich mitbeeinflusst. Die Bewusstheit um diese Vorbildfunktion könne m.E. den Lehrer ein Stück weit aus seinem kognitiven Reflexionszwang entlasten und die emotionale Komponente, dass durch korrektes, vorbildhaftes Verhalten die Schüler ebenfalls etwas lernen betonen. Am Beispiel des Spracherwerbs beim Kleinkind könnte man statieren, dass grundlegende Lernprozesse ablaufen (können), ohne dass ständig darüber kognitiv reflektiert wird. Spracherwerb funktioniert nach einem einfachen Abgleichsmuster – „Stimmte meine Betonung des Wortes mit dem meines Vorbildes überein?“
Die Gefahr, die ich in dieser Ausbildung sehe, ist der Zwang zur ständigen Selbstreflexion, die dazu führen kann, dass wichtige Lernprozesse vernachlässigt werden, da man einen zu großen Teil seiner Zeit und gehirnlichen Aktivität auf Selbstreflexionen verwendet.
Daneben wird problematisiert, was evtl. gar nicht zu problematisieren nötig ist. Im Film wurde ein Ausschnitt gezeigt, in dem eine Lehrerin plant, in ihrer Klasse ein viertägiges Sockeltraining zur Teamarbeit durchzuführen, obwohl die SuS nicht den Anschein haben, dass ihre Schwierigkeiten in der Teamarbeit liegen. Wären der Lehrerin vielleicht mehr Indikatoren in die Hand gegeben worden, an denen sie hätte bemessen können, ob das ineffektive Arbeitsverhalten in ihrer Klasse nun an ihr, den Schülern, dem Inhalt, dem Sozialverhalten etc pp. liegt, hätte sie m.E. eine bessere Lösung gefunden. Selbstreflexion darf nicht zum Selbstzweck werden. Woran es mir bisher zu mangeln scheint, sind Ideen, wie man aus bestimmten Ausgangssituationen etwas macht. So etwas scheint man – nach meiner heutigen Erkenntnis – nicht im LI zu lernen, sondern kann es sich nur von guten Lehrern/Vorbildern abgucken.
Im Film wurden auch verschiedene Beispiele gezeigt, die zu einer stärkeren Rollen-Ausdifferenzierung führen, die ein ganzheitliches Menschenbild vollkommen aus den Augen verliert. Eine zu hohe Spezifizierung führt aber zur Entgrenzung, in der der Mensch die Orientierung verliert und sich in Einzelaufgaben verliert. Ebenso ist m.E. das Selbstbewusstsein in Gefahr, da man sich nur noch über wenige Aufgaben definiert und nicht in der Lage ist, die multiplen Persönlichkeiten zu einem Personenkonstrukt zusammenzufügen. Wenn die Schule dieses nicht verhindert, sondern die Effekte auch noch verstärkt, bleibt die angestrebte Emanzipation des Menschen nur ein Lippenbekenntnis. Aus diesem circulum viciosum kann man jedoch durch von außen forcierter Selbstreflexion und damit einhergehender Spezifizierung des Problems nur bedingt entgegenwirken, ein Voranschreiten und Bekanntmachen mit anderen kreativen Bereichen ist vonnöten.
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